Ablass - Ablassbuch - Ablasshandel

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Bereits im Verlauf der Gegenreformation hatte sich die römisch-katholische Kirche also bemüht, Missbräuche im Ablasswesen abzustellen. Einen regelrechten Ablasshandel gab es nach dem 16. Jahrhundert nicht mehr. Der Katholizismus hat jedoch am Ablassbegriff als solchem stets festgehalten. Die heutige Ablasslehre wurde mit der Apostolischen Konstitution Indulgentiarum Doctrina von Papst Paul VI. am 1. Januar 1967 neu festgelegt. Es gibt nurmehr den vollkommenen Ablass sowie den teilweisen Ablass. Der vollkommene Ablass kann durch verschiedene, genau geregelte religiöse Praktiken gewonnen werden; Teilablässe, die im Gegensatz zum früheren Usus kein spezielles Zeitmaß mehr vorsehen (traditionell wurden die abgelassenen Sündenstrafen in „Jahren“ oder „Tagen“ bemessen), können mit bestimmten Gebeten oder Praktiken aus dem gesamten Glaubensleben eines Katholiken verknüpft werden.

Man kann sich das Verzeichnis der Ablässe als eine Art umgekehrten Bußgeldkatalog vorstellen: Jede gute Tat nützt vor Gott nicht nur in dem Maß, wie es der eigenen „Leistung“ entspricht, sondern die Kirche „verstärkt“ und belohnt die Anstrengung noch zusätzlich. Besondere Ablässe gewährt die Apostolische Pönitentiarie im Auftrag des Papstes. Papst Johannes Paul II. bestätigte die römisch-katholische Ablasspraxis zuletzt im Jahr 1998 in der Bulle für das Heilige Jahr 2000.

Für die heutige römisch-katholische Ablasslehre und -praxis sind unter anderem folgende Grundsätze und kirchlichen Regelungen maßgeblich:

Der Ablass kann vollkommen oder unvollkommen sein.
Ein vollkommener Ablass ist ein Erlass sämtlicher (bisher verwirkter) zeitlicher Sündenstrafen, was im Todesfall zur sofortigen visio beatifica (Gottesschau) führt, ohne den Zwischenzustand der Läuterung am „Reinigungsort“ (Fegefeuer, lat. Purgatorium) durchleiden zu müssen.
Ein unvollkommener Ablass ist ein teilweiser Erlass zeitlicher Sündenfolgen bzw. eine Milderung des Purgatoriums.
Zu jedem Ablass gehören entsprechende Bußtaten (heute in der Regel Gebete).
Nur getaufte Katholiken im „Stand der Gnade“ (d. h. frei von schwerer Sünde, mit Gott und der Kirche versöhnt) können einen Ablass erlangen. Weitere Voraussetzungen sind Beichte, Kommunionempfang und Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters. Um einen vollkommenen Ablass zu gewinnen, müssen sie außerdem „frei von jeder Anhänglichkeit“ auch an lässliche Sünden sein. Diese Bedingung stellt das eigentliche Problem dar. Wer sich Gott nicht vollends zuwendet, kann auch durch die Kirche keinen Vollablass erhalten. Als lässliche Sünde ist all das aufzufassen, was im Leben das Verhältnis zu Gott und den Mitmenschen stört, das Band der „Taufgnade“ aber nicht vollends zerreißt (also keine „Todsünde“ ist, die bei versäumter Vergebung die Höllenstrafe nach sich ziehen muss). Ist diese Bedingung der völligen Abkehr von jeglicher Sünde (oder eine der anderen Bedingungen) nicht gegeben, kann man aber dennoch einen unvollkommenen Ablass der „Sündenfolgelasten“ gewinnen.
Der Papst kann einen Ablass für die gesamte Kirche erlassen – so geschehen etwa im Jubiläumsjahr 2000.
Besonders große Bedeutung besitzen bis heute der Allerseelenablass oder der Portiunkula-Ablass. Bei beiden handelt es sich um vollkommene Ablässe.
Zu bestimmten Anlässen, oft an die Teilnahme an Pilgerfahrten oder bestimmte Bußübungen geknüpft (und wie immer erst nach Empfang des Sakraments der Versöhnung, also der Beichte), kann ein vollkommener Ablass gewährt werden: so bei den Römischen Jubiläen, dem Heiligen Compostelanischen Jahr, beim 20. Weltjugendtag in Köln oder zum 150. Jahrestag der Marienerscheinungen in Lourdes im Jahr 2008.
Im Jahr 1942 erging ein Dekret, das einen vollkommenen Ablass bei Fliegerangriffen auch ohne vorhergehenden Empfang der heiligen Sakramente[1] in Aussicht stellte. Dass diese Aussicht den Menschen doch etwas Hoffnung geben konnte, zeigt ein Dokument, in dem diese Information (zusammengefaltet für den Luftschutzkeller) festgehalten ist.
Auch mit dem Segen Urbi et Orbi ist nach römisch-katholischer Lehre allen, die ihn hören oder sehen und die guten Willens sind, ein vollkommener Ablass ihrer Sündenstrafe gewährt. War zunächst für diesen Empfang die Anwesenheit auf dem Platz oder in Sichtweite des Spenders notwendig, so kann der Segen seit 1967 auch über Radio, seit 1985 über das Fernsehen und seit 1995 sogar über das Internet gültig empfangen werden.



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